Sangerhausen (Sachsen-Anhalt)

Artefakte - Denkmale deutscher Geschichte
Fotos: Martin Schramme | Keine Verwendung ohne Nachfrage!
letzte Änderung am 08.02.2023

Der Kupfer- und Silberbergbau prägte Sangerhausen seit dem Mittelalter für Jahrhunderte. Die DDR bewegte sich dann jedoch bereits zunehmend im unwirtschaftlich Bereich, doch die Rohstoffknappheit sorgte für fortgesetzte Anstrengungen im Bergbau. Mit der Wende 1990 kam schließlich das endgültige Aus für diesen traditionsreichen Wirtschaftsbereich. Geblieben ist eine gewaltige Halde.

Käsefabrik Sangerhausen (gegr. 1906, geschlossen 2008)

Foto: Martin Schramme, 2013 Kaesefabrik Sangerhausen, Foto: Martin Schramme, 2013 Kaesefabrik Sangerhausen, Foto: Martin Schramme, 2013 Kaesefabrik Sangerhausen, Foto: Martin Schramme, 2013 Kaesefabrik Sangerhausen, Foto: Martin Schramme, 2013 Kaesefabrik Sangerhausen, Foto: Martin Schramme, 2013

Der in schicke Gold- oder Silberfolie gepackte Streichkäse aus Sangerhausen war in der DDR republikweit bekannt. Doch die Geschichte des Käsekults begann viel eher. Das Käsewerk nahm den Betrieb 1906 auf und stellte zunächst Sauermilchkäse her. Erst in der DDR Ende der 1950er Jahre wechselte der Betrieb zur Schnitt- und Schmelzkäseherstellung. In der DDR war die Fabrik die produktionsstärkste ihrer Art. 180 Werktätige produzierten etwa 5000 Tonnen Käse im Jahr. Nach dem Ende der DDR war zunächst die Treuhand zuständig. Im November 1993 ging das Werk schließlich an die Born-Gruppe in Erfurt, die für ihren Tomantenketchup bekannt ist. 1998 verkaufte Born. Nach mehreren Besitzerwechseln wurde das Käsewerk im Juni 2004 Teil der ERU-Gruppe mit Werken in Holland und Ungarn. 2007 verkaufte der Betrieb noch 700 Tonnen Käse. Zu wenig, um wirtschaftlich zu arbeiten, befanden die Betreiber und schlossen den Standort im Jahr 2008.

Feilenfabrik Sangerhausen (1889-1991)

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Stand im Jahr 2013: Befände sich nicht das schöne Mammut an der Toreinfahrt, würde heute wohl keiner mehr neugierig sein, was sich dort einst befand. Es war die VEB Feilenfabrik Sangerhausen, zu DDR-Zeiten (1949-1990) ein Betrieb des VEB Werkzeugkombinats Schmalkalden. Die Geschichte der Feilenfabrik begann jedoch bereits 1889. Eine Spezialfabrik für Feilen aller Art entwickelte sich und etablierte sich als Aktiengesellschaft, wo auch Sägen, Raspeln und andere Werkzeuge für die Holz- und Metallbearbeitung hergestellt wurden. Das Unternehmen wuchs beständig. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und Einmarsch der Sowjetarmee wurde der Betrieb verstaatlicht. Die Feilenfabrik war eine von vier in der DDR der 1950er Jahre. Weitere Fabrikationsstätten befanden sich in in Schmalkalden (Thüringen), Freital und Radeberg (Sachsen). In den 1970er Jahren konzentrierte sich die Feilenproduktion der DDR zunehmend in Sangerhausen. In den 1980er Jahre erfolgte eine umfassende Modernisierung der Fertigungsmaschinen. 1991 liqudierte die Treuhand die Feilenfabrik. 1992 ging endgültig das Licht aus. Das Zeitalter der Mammutfeilen, immerhin mehr als 100 Jahre, war beendet.

bemerkenswerte Seite über die Feilenfabrik

Bahnhofsgebäude Sangerhausen (Baujahr 1963)

Bahnhof Sangerhausen, Foto: Martin Schramme Bahnhof Sangerhausen, Foto: Martin Schramme Bahnhof Sangerhausen, Foto: Martin Schramme Bahnhof Sangerhausen, Foto: Martin Schramme

1963 wurde am Bahnhof Sangerhausen ein neues Bahnhofsgebäude errichtet. Heute steht das Objekt mit weitgehend original erhaltenem DDR-Charme unter Denkmalschutz. Besonders beeindruckend ist das große Wandmosaik in der Eingangshalle (siehe Fotos). Erschaffen wurde es von dem Maler und Grafiker Wilhelm Schmied (1910-1984). Das Wandbild zeigt das Mansfelder Land, Friedensfahrer (Internationale Friedensfahrt), Genossenschaftsbauern mit einem Traktor und Maiskolben (die DDR übernahm seinerzeit die Parole des sowjetischen Staatschefs Nikita Chruschtschow vom Mais als wichtigste Kulturpflanze, der "Wurst am Stengel"), Ingenieur und Wissenschaftler, Schüler und den Bergbaus samt Kumpel, Halde, Hütte und Förderturm.

Bahnbetriebswerk (Bw) Sangerhausen

Bahnbetriebswerk Sangerhausen, Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme

Das Bahnbetriebswerk (Bw) Sangerhausen liegt an der Bahnstrecke Halle-Kassel. Vor 1945 gehörte es zur Reichsbahndirektion (Rbd) Kassel. Am 3.1.1947 wurde das Bw von der Rbd Halle/Saale übernommen, am 15.1.1947 aber bereits an die Rbd Erfurt weitergegeben. Am 1. September 1865 war der erste Zug zwischen Halle und Sangerhausen gefahren.

Auf Anfrage erklärte die Pressestelle der Deutschen Bahn AG im April 2011: "Für das ehemalige Bahnbetriebswerk (Bw) Sangerhausen gibt es verschiedene Kaufinteressenten. Zur Zeit wird ein möglicher Verkauf geprüft. Diese Prüfungen und verkaufsvorbereitende Maßnahmen sollen noch in diesem Jahr zum Abschluss gebracht werden, so dass Anfang 2012 die öffentliche Ausbietung erfolgen kann. Das ehemalige Bw Sangerhausen wurde bereits in den neunziger Jahren geschlossen, da die Triebfahrzeuginstandhaltung umorganisiert und auf weniger Standorte konzentriert wurde. Das hängt damit zusammen, dass auf elektrifizierten Strecken komplett auf sogenannte Wendezüge umgestellt wurde. Hier befindet sich an einem Zugende eine Lokomotive, am anderen Ende ein Steuerwagen, von dem aus die Lokomotive ferngesteuert wird. Die Strecken ohne Oberleitung werden mit modernen Dieseltriebwagen betrieben. So ist eine Behandlung der Lokomotiven und Wagen auf Unterwegs- oder Endbahnhöfen nicht mehr erforderlich. Die Werkstattkapazitäten sind in Sachsen-Anhalt für den Regionalverkehr in Magdeburg-Buckau und Halle (Saale) in der Volkmannstraße konzentriert. Für den Güterverkehr entstand vor elf Jahren ein modernes Werk in Magdeburg-Rothensee. Eine weitere Werkstatt, insbesondere für schwere Diesellokomotiven, befindet sich in Halle (Saale) in der Berliner Straße.

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Getreidespeicher an der Bahnstrecke Halle-Kassel

Getreidespeicher an der Bahnstrecke Halle-Kassel, Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme

Stand Anfang 2011: "Lager Sangerhausen" der GEKRA Getreide + Kraftfutter GmbH Querfurt (ein Unternehmen der Agravis Raiffeisen AG)

Bahnhof Riestedt mit NS-Propaganda für den Endsieg

Bahnhof Riestedt, Foto: Martin Schramme, 2013 Bahnhof Riestedt, Foto: Martin Schramme, 2013 Bahnhof Riestedt, Foto: Martin Schramme, 2013 Bahnhof Riestedt: Raeder muessen rollen fuer den Sieg, Foto: Martin Schramme, 2013
Räder müssen rollen für den Sieg, unnötige Reisen verlängern den Krieg!

Unglaublich: Auch wenn es nur noch schwer zu lesen war, im Jahr 2013 war an einem Haus des Bahnhofs Riestedt noch der NS-Slogan "Räder müssen rollen für den Sieg, unnötige Reisen verlängern den Krieg!" zu erkennen, mehr als 70 Jahre nachdem er vom Propagandaministerium ausgegeben und an diverse Bahnobjekte angebracht worden war.

Wohnungsbau Sangerhausen

Wohnungsbau Sangerhausen, Foto: Martin Schramme Wohnungsbau Sangerhausen, Foto: Martin Schramme Wohnungsbau Sangerhausen, Foto: Martin Schramme Wohnungsbau Sangerhausen, Foto: Martin Schramme Wohnungsbau Sangerhausen, Foto: Martin Schramme Wohnungsbau Sangerhausen, Foto: Martin Schramme

Wohnraum für alle - das war das große Ziel der DDR. Schnell und ökonisch bauen, war der Standard in der DDR. Neubau, statt Altbau - das war die Politik bis in die 1980er Jahre auch in Sangerhausen. Neubau hieß: Bauen mit Stahlbetonplatten im Rhythmus der Taktstraßen. Nach dem Ende der DDR breitete sich indes das Stigma vom "Plattenbau" aus. In Sangerhausen kümmerte sich der VEB Wohnungs- und Gesellschaftsbau Sangerhausen, ein Betrieb im Wohnungsbaukombinat (WBK) Halle, um das moderne Bauen.

Betriebe in der DDR
VEB Ausrüstungsbetrieb für Güllewirtschaft Sangerhausen (VEB Kombinat für landtechnische Instandhaltung Halle)
VEB Baukombinat Sangerhausen
VEB Brauerei und Malzfabrik Sangerhausen (VEB Getränkekombinat Dessau, Mammut-Bräu - Biermalz aus Sangerhausen, Fruchtsaft Karena)
VEB Chemisch-technische Produktion Sangerhausen
VEB Elektroanlagen Sangerhausen
VEB Feilenfabrik Sangerhausen (VEB Werkzeugkombinat Schmalkalden)
VEB Getränke und Mosterei Sangerhausen
VEB Holzverarbeitung Sangerhausen
VEB Karosserie- und Fahrzeugbau Sangerhausen
VEB Käsefabrik Sangerhausen
VEB Kfz-Instandsetzungsbetrieb Sangerhausen
VEB Kreisbaubetrieb Sangerhausen
VEB Lederwarenfabrik Sangerhausen (VEB Kombinat Lederwaren Schwerin)
VEB Maschinen- und Anlagenbau Sangerhausen
VEB Maschinenfabrik Sangerhausen (VEB Chemieanlagenbaukombinat Leipzig)
VEB Mifa-Werk Sangerhausen (VEB Kombinat Zweiradfahrzeuge Suhl)
VEB Pianofortefabrik "Alexander Herrmann" Sangerhausen
Rationalisierungsmittelbau der Pflanzenproduktion Sangerhausen (Kombinat Ratiomittel Pflanzenproduktion)
VEB Rationalisierung Vakuumtechnik Sangerhausen (VEB Kombinat Anlagen und Gerätebau Halle)
VEB Raumkultur Sangerhausen (VEB Möbelkombinat Dessau)
VEB Spezialapparatebau Sangerhausen (VEB Kombinat Nagema)
VEB Thomas-Münzer-Schacht
VEB Tierkörperverwertung Sangerhausen
VEB Vakuumtechnik Sangerhausen
VEB Wäschefabrik Sangerhausen
VEB Halle Baubetrieb 4 Sangerhausen (VEB Wohnungsbaukombinat Halle)
Großhandelskontor Obst und Gemüse Sangerhausen
Konsum-Gaststätte "Walkmühle Csarda"
Konsum-Grillbar "Pferdestall"

Wirtschaft in Sangerhausen vor 1945
Actien-Feilen-Fabrik Sangerhausen (gegr. 1889, Nachfolger der Uferschen Feilenfabrik)
Actien-Malzfabrik Sangerhausen (gegr. 1872)
Actien-Maschinenfabrik Hornung & Rabe
Br. Neumann Nachf. Meistring & Rodewald, Maschinenfabrik in Sangerhausen
Buchdruckerei August Schneider, Sangerhausen, Magdeburger Str. 10 (BAS, Kunstdruckerei, Buchbinderei, Zeitungs- und Zeitschriftenverlag)
Deutsche Vacuumapparate Dreyer & Holland-Merten GmbH Sangerhausen (1937 von Erfurt nach Sangerhausen umgesiedelt, Produkte: Trommelsaugfilter, Filterpressen, Vaccuumnutschen, Hochleistungszentrifugen, Vaccumpumpen, Spezialpumpen für Filtertrübe und Rückstandförderung)
J. Steinbrecht, Sangerhausen (Fabrik-Lager der Zigaretten-, Rauch- und Kautabak-Fabriken Marke "Krafftstift" von Ph. Casimir Krafft & Co. Offenbach am Main)
Käsefabrik Sangerhausen (gegr. 1906)
Karl Weinreich KG (Eisen, Eisenkurzwaren)
Mammut-Bräu
Maschinenfabrik Ascania GmbH
Maschinenfabrik Sangerhausen AG (gegr. 1873 als Sangerhäuser Actien-Maschinenfabrik und Eisengießerei vormals Hornung & Rabe)
Meistring & Rodewald GmbH Maschinen- und Waagenfabrik (liefern alle Arten Waagen, als: Waggon-, Fuhrwerks-, Viehwaagen etc., Transmissionen, Aufzüge als Hand-, Transmissions-, hydraulische und elektrische)
Mitteldeutsche Fahrradwerke mbH Sangerhausen (MIFA, gegr. 1907)
Rissmann & Krüger Leder-Schäftefabrik (gegr. 1896)
Wilhelm Eberlein Schuhwaren

Eintrag im Brockhaus-Lexikon von 1894: "Aktien-Gasanstalt, Schuhfabrikation, Eisengießerei mit Maschinenfabrik, Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen, Ofen- und Thürenfabrik, eine Malzfabrik, zwei große Aktienbrauereien, zwei Ziegeleien und bedeutender Ackerbau."

Links
Geschichtsverein Sangerhausen

Begriffslegende
Nutsche = Filter zur mechanischen Trennung einer Suspension (Flüssigkeit mit darin fein verteilten Festkörpern/Schwebstoffen/Partikeln)

Quellen
albert-gieseler.de
picclick.de