Torgau (Elbe, Sachsen)

Artefakte - Denkmale deutscher Geschichte
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letzte Änderung am 04.10.2021

Torgau war einst eine bedeutende Industriestadt an der Elbe. Mit dem Ende der DDR sp&aum;testens büßte Torgau diesen Status ein. Wichtige Betriebe wie die Brieffabrik und das Flachglaswerk (VEB Flachglaskombinat Torgau) standen bald leer. In den Jahren 2008 und 2009 rissen Bagger das verwaiste Flachglaswerk nieder. Dafür konnte sich die Altstadt, die zu großen Teilen unter Denkmalschutz steht, von Mangel und Schädigung durch die Abgase der Kohleheizungen erholen. Wobei der Denkmalschutz in Torgau schon zu DDR-Zeiten Erfolge aufzuweisen hatte wie nur wenige Städte im sozialistischen deutschen Staat. Als wichtiger Handelsknoten und Kontrollort an der Elbe war Torgau jahrhundertlang stark befestigt.

F.H. Schmidt Briefumschlag- und Papierausstattungs-Fabrik Torgau (FHS)

F.H. Schmidt Briefumschlag- und Papierausstattungs-Fabrik Torgau, Foto: Martin Schramme
F.H. Schmidt Briefumschlag- und Papierausstattungs-Fabrik Torgau, Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme

Noch nicht abgerissen, aber in wesentlichen Teilen zusammengefallen war die Torgauer Kuvertfabrik im Herbst 2013. Der Rahmen der historischen Fabrik mit Hauptgebäude und Kesselhaus plus spätere Ergänzungsbauten stand noch. Bis auf Teile der Umfassungsmauern war die riesige Hauptproduktionshalle total zerstört.

1881 gründete Franz-Hermann Schmidt sein Unternehmen zur Kuvertherstellung. 1916 warb das Unternehmen mit der Anfertigung feinster Briefpapier-Kassetten und Briefpapier-Mappen mit moderner Ausstattung sowie Fensterkuverts und Fensterbriefe. Als ständiges Personal wurden zirka 200 Personen angegeben und 100 der modernsten Arbeitsmaschinen. Die Fabrik verfügte zu jener Zeit über einen Staats- und Hafenbahn-Gleisanschluss. 1920 war auf dem Geschäftsbogen auch Folgendes zu lesen: Trauerbriefpapiere, Fensterbriefhüllen, Fensterbriefe, Massendrucksachen, eigenes Sägewerk und Fabrikation von Reformkisten, Personal 250 Personen und über 140 Arbeitsmaschinen. 1924 hatte er seine Kuvertfabrik (Herstellung von Briefumschlägen) zur Großproduktion ausgebaut und belieferte Kunden bis nach Mexiko (Amerika). Direkt am Fabrikgelände verlief ein Nebengleis der Deutschen Reichsbahn zum Trogauer Hafen an der Elbe. 1927 firmierte das Unternehmen als Aktiengesellschaft; wahrscheinlich auch schon eher.

1939 musste sich FHS wegen der "Allgemeinverbindlichen Anordnung der Ueberwachungsstelle für Papier" vom 1. April bei der Produktion aller Briefumschläge für den Behörden- und Geschäftsschriftverkehr auf neue Formate umstellen. Die alten Formate für Briefumschläge aller Art, Fensterkuverts, Versandtaschen, Aktentaschen, Geld- und Wertbriefumschläge und Zustellungsumschläge durften nur noch bis zum 31. Dezember des Jahres aufgebraucht werden. Der private Schriftverkehr und der Bedarf für die Werbung waren von der neuen Vorschrift nicht betroffen. Am 27. Juli 1947 musste die Freiwillige Feuerwehr anrücken und den brennenden Dachstuhl des Kesselhauses löschen. In der DDR stellte der 1951 verstaatlichte Betrieb (VEB Papierverarbeitungswerk Torgau) Briefpapierwaren, Formulare und Scherzartikel wie Konfetti her. Das Papierwerk setzte sich zuletzt zusammen aus den Werken Torgau I, Werk II Jüterbog und Werk III Luckenwalde.

Nach dem Ende der DDR hatte dort zuletzt die Torgau-Papier GmbH gewirkt und Briefpapier, Briefumschläge, Geschäftsbögen, Visitenkarten, Familiendrucksachen und diverse Notizblöcke angeboten. Die Treuhandgesellschaft, die mit der Privatisierung aller DDR-Großbetriebe beauftragt war, verkaufte die Kuvertfabrik 1990/1992 an Mayer-Kuvert Heilbronn (1877 gegr. von Ernst Mayer), dem 2013 mit 2400 Mitarbeitern größten Briefhüllenhersteller Europas. Seit 1991 hat die Torgau-Kuvert GmbH & Co. KG ihren Sitz in Süptitz (Gemeinde Dreiheide bei Torgau) in einem Neubau. Derweil verfielen die Gebäude auf dem alten Gelände einer der ältesten Kuvertfabriken Deutschlands immer mehr. Wiederholt kam es zu Vandalismus und Brandstiftungen. Unter anderem im Februar 2017 musste die Feuerwehr ausrücken.

Landwirtschaftsbetrieb in Torgau

Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme

Die alten Aufschriften an den Gebäuden sind mit bloßem Auge kaum, mit technischen Hilfsmitteln ein wenig besser zu erkennen: "Getreide, Kartoffeln, Sämereien, Futter- und Düngemittel" steht auf dem ersten Haus, "Großhandelsgesellschaft Lebensmittel - Obst und Gemüse" auf dem anderen.

Speicherbau Güterbahnhof Torgau / Getreidewirtschaft (Industriekultur Sachsen)

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Großhandel Lebensmittel Torgau

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Hafen Torgau

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Torgau liegt an der Elbe und ha damit Zugang bis zum Überseehafen der Hansestadt Hamburg.

Konsum

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Die Konsumgenossenschaft erlebte nach ihrer Blüte in der Weimarer Republik in der DDR eine Renaissance.

Wasserturm Torgau

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Ehrenmal und Erinnerungstafel in Torgau

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"Ruhm dem Sowjetvolk - Dank für seine Befreiungstat" steht an diesem Ehrenmal an jenem Ort, wo sich im April 1945 Ostfront und Westfront, Russen und US-Amerikaner, erstmals trafen.

Defensionskaserne Brückenkopf

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Betriebe in der DDR (1949-1990)
BHG Torgau Genossenschaft (VdgB)
VEB Altstoffhandel Leipzig, Erfassungsstelle Torgau, Güterbahnhofstr. 5
VEB Bau- und Montagekombinat Süd, Kombinatsbetrieb Industriebau Leipzig, Teilbetrieb V Torgau, Goethestr. 2
VEB Baukombinat Leipzig, Kombinatsbetrieb Vorfertigung Betriebsteil 2, Prod.-Bereich 3, Güterbahnhofstr.
VEB Binnenhäfen Oberelbe Dresden, Betriebsstelle Torgau
VEB Bohrungen und Brunnenbau Leipzig, Betriebsteil 4, Str. d. DSF 12
VEB Brauerei Torgau, Betriebsteil 1, Naundorfer Str., Betriebsteil 2 Löwenbrauerei Dahlen, Bahnhofstr. 63 (VEB Getränkekombinat Leipzig)
VEB Dienstleistungskombinat Torgau
VEB Elektroanlagen Torgau
VEB Energie Torgau, Güterbahnhofstraße 4 (Prüffix, Kontaktprüfgeräte)
VEB Fahrzeugbau Torgau
VEB Flachglaskombinat Torgau (Betriebe unter anderem in Aken, Dresden, Freiberg, Leipzig, Pirna, Potsdam, Radeburg, Weißwasser und Wilsdruff)
VEB Fotoalben Torgau, Betrieb der VOB Aufwärts Berlin (nach Ende der DDR von der Treuhand privatisiert)
VEB Gerätebau Torgau (VEB Kombinat Leipziger Metallbau)
VEB Getränkeproduktion Torgau
VEB Getreidewirtschaft Torgau
VEB Großhandel OGS Torgau (VEB Kombinat OGS Leipzig)
VEB Holz Torgau
VEB Holzbearbeitung Torgau
VEB Kreisbaubetrieb Torgau
VEB Landmaschinenbau Torgau (VEB Kombinat Fortschritt Landmaschinen)
VEB Metallwaren Torgau
VEB Möbelbau Torgau
VEB Papierverarbeitungswerk Torgau, Naudorfer Straße 11 (VEB Kombinat Verpackungen Leipzig)
VEB Sägewerk Torgau
VEB Schlachthof Torgau
VEB Steingutfabrik Torgau, Hafenstraße 2/4 (Steingutfabrik im Kombinat Feinkeramik Kahla, nach 1990 Tischkultur-Werk der Villeroy & Boch AG)
VEB Torgama Torgau (zuvor Torgama-Röstwerke G.m.b.H. Torgau - Malzkaffee-, Kornkaffee- und Zichorien-Fabrik mit Zweigwerk in Bernstadt in Schlesien)
VEB Torgauer Möbelwerke (VEB Möbelkombinat Zeulenroda)
VEB Torgauer Schuhfabrik Hans Sachs (VEB Kombinat Schuhe Weißenfels)
VEB WTZ Bauglas Torgau
Deutsche Handelszentrale Lebensmittel, Landesniederlassung Sachsen-Anhalt, Halle Saale, Zweigstelle Torgau, Naundorfer Str. 3
Spirituosenfabrik Torgau, Spitalstr. 20 (KGV Sachsen-Anhalt eGmbH)

Wirtschaft und Leben in Torgau vor 1945
Dörrgemüsefabrik Dr. M. Wagner Torgau aE
F.H. Schmidt Briefumschlag- und Papierausstattungs-Fabrik Aktien-Gesellschaft Torgau (FHS, gegr. 1881, Buchdruckerei und Steindruckerei, Anfertigung feinster Briefpapier-Kassetten und Briefpapier-Mappen mit moderner Ausstattung, Fensterkuverts, Fensterbriefe, Visit- und Korrespondenz-Karten, Bütten- und Trauer-Briefpapiere, Briefpapier-Mappen, Fensterbriefhüllen, Fensterbriefe, Bahn- und Post-Formulare, Massen-Drucksachen in Offset- und Buchdruck, ständiges Arbeitspersonal zirka 200 Personen, über 100 der modernsten Arbeitsmaschinen, eigenes Sägewerk und Fabrikation von Reformkisten)
Friedrich Gasse, Sattlermeister (Anfertigung und Lager von Reit-, Fahr- und Stall-Utensilien)
Max Fickert Etuisfabrik, Torgau/Elbe (Spezialfabrik für Brillen- und Klemmer-Etuis in allen Ausführungen)
Torgauer Dachziegelwerk (Fabrikation von Rohbausteinen, Buntklinkern, Pflaster- und Mauersteinen, Falzsteinen, Deckensteinen, porösen Langlochsteinen)
Villeroy & Boch, Keramische Werke AG, Steingutfabrik, Torgau
Wilhelm Stoll Maschinenfabrik, Torgau, früher Luckenwalde (Spezialität: Kartoffel-Erntemaschinen, Heuwender mit Schwadenrechen, Kultivatoren, Hackmaschinen, Ackerschleifen, Schleifapparate für Mähmaschinenmesser, Deichselträger mit Lenkvorrichtung, Jauchepumpen für Hand- und Kraftbetrieb, Kartoffel-Pflanzlochmaschinen, Deichselträger mit Lenkvorrichtung resp. Stoßfänger, Dampf-Waschmaschinen, Schleifmaschinen für Landwirtschaft und Industrie)
Witte, Kehne & Co. Maschinenfabrik, Eilenburger Str. 20

Eintrag im Brockhaus-Lexikon von 1894
An der Linie Halle-Sorau-Guben und der Nebenlinie Torgau-Wittenberg der Preußischen Staatsbahnen. Postamt erster Klasse, Telegraph, Wasserleitung, Gasanstalt, Schlachthof. Spiritusbrennerei, Zündschnurenfabrik und Ziegeleien.

 

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