Tabakfabriken

Artefakte - Denkmale deutscher Geschichte
Fotos: Martin Schramme | Keine Verwendung der Bilder ohne Nachfrage!
letzte Änderung am 09.10.2021

Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert in Deutschland waren auch die Tabakfabriken auf dem Vormarsch. Damals war das Rauchen ein wichtiges männliches Attribut. Tabakwaren gab es an jeder Ecke. Gewaltige Gebäudekomplexe entstanden landauf und landab und blieben in Mitteldeutschland vielfach bis Mitte der 1990er Jahre in Betrieb.

Zigarettenfabrik Mahalesi

Zigarettenfabrik Mahalesi in Gera | Foto: Martin Schramme Zigarettenfabrik Mahalesi in Gera | Foto: Martin Schramme Die Tabakblätter und der Schriftzug Zigarettenfabrik Mahalesi sind weithin sichtbar.
Zigarettenfabrik Mahalesi in Gera | Foto: Martin Schramme

Dieser Schriftzug an der Giebelwand der Schülerstraße 40 in Gera erinnerte im Jahr 2013 an eine längst vergangene Zeit: "Zigaretten-Fabrik Mahalesi | Zweigbetrieb des VEB Tabak". Dahinter verbirgt sich eine wechselvolle Wirtschaftsgeschichte. 1909 startete die Zigarettenfabrik Mahalesi. Das Unternehmen warb mit echtem Orienttabak und war 1943 als Paul Rother Zigarettenfabrik Mahalesi GmbH bekannt. Als Lockmittel setzte Mahalesi auf Beigaben wie "Mit Karl May auf Abenteuern", "Deutschlands Nationale Erhebung" (1933, Fotos zum Sieg der Nationalsozialisten), "Kultur und Schönheit des Orients", "Ruhmestaten der deutschen Marine", 200 Groß-Filmbilder und "Aus aller Herren Länder" (Seidenstickereien, Flaggen und Wappen). Eine der angebotenen Marken hieß quot;Mazedonisch" und wurde als "naturrein, mild und blumig" angepriesen. In der DDR kam Mahalesi zum VEB Tabak Nordhausen. 1961 lief in dem Objekt die Textilproduktion des VEB Kombinat Bekleidungswerke Herdas an.

Zigarettenfabrik Yenidze | VEB Tabakkontor

Zigarettenfabrik Yenidze, Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2016 Foto: Martin Schramme, 2016

Yenidze galt einst als mildeste, aromatischste und würzigste Tabaksorte aus Griechenland (lange von Türken besetzt). Auf die Garantie bester Qualität setzte offenbar auch Hugo Zietz, als er seiner Tabakfabrik in Dresden den entsprechenden Namen gab. Und weil die Insignien des Orients in Deutschland einst als märchenhaft und besonders galten, ließ nach den Entwürfen von Architekt Martin Hammitzsch er ein Fabrikgebäude im orientaischen Stil errichten mit weithin sichtbaren Merkmalen einer Moschee. Zietz erfüllte so zugleich die Vorschrift der damaligen Stadtväter, dass Fabrikbauten im Weichbild des innerstädtischen Dresden nicht gleich zu erkennen sein sollten.62 Meter hoch ragt das Gebäude seit 1909 am östlichen Rand der Friedrichstadt dem Himmel entgegen. Allein die spitzbogige Kuppel misst 20 Meter und grüsste einst mit dem Spruch SALAM ALEIKUM (Friede sei mit Dir!). Vorbild war für das Bauwerk das Mamelucken-Grab des Khair Bak in Kairo (Ägypten). Das Yenidze-Haus war zugleich Deutschlands erster Stahlbeton-Skelettbau. 1924 verkaufte Zietz an Reemtsma.

Hugo Zietz war sächsisch-königlicher Hoflieferant.

Im Februar 1945 wurde die Fabrik schwer beschädigt. Betroffen war auch die Glaskuppel. Der VEB Tabakkontor nutzte die "Moschee" als Lager. Seit 1997 ist die Yenidze saniert und öffentlich zugänglich mit Panorama-Restaurant und Märchenvorlesungen in der Kuppel.

Freizeitangebot in der Yenidze (Verein der Freunde der 1001 Märchen in der Yenidze e.V.)