Gröningen (Sachsen-Anhalt)

Artefakte - Denkmale deutscher Geschichte
Fotos: Martin Schramme | Keine Verwendung der Bilder ohne Nachfrage!
letzte Änderung: 10.08.2022

Gröningen ist eine Kleinstadt bei Halberstadt und diente dem Bischof von Halberstadt einst als Residenzstadt. Der Ort kann auch auf ein Kloster verweisen. Aus der landwirtschaftlichen Prägung heraus entwickelte sich Gröningen 1864 zu einem Standort der Zuckerindustrie.

Zuckerfabrik Wiersdorff, Hecker & Co. (1864 gegr., 2001/2002 abgerissen)

Zuckerfabrik Groeningen Zuckerpark, Foto: Martin Schramme, 2021 Zuckerfabrik Groeningen Zuckerpark, Foto: Martin Schramme, 2021 Zuckerfabrik Groeningen Zuckerpark, Foto: Martin Schramme, 2021 Zuckerfabrik Groeningen Zuckerpark, Foto: Martin Schramme, 2021

Die Zuckerfabrik war weithin sichtbar mit ihren bis zu drei Schornsteinen. Sie hatte eine eigene Gasanstalt und bis zu 700 Arbeiter. Alles Geschichte, alles vorbei. 1996 kam der Beschluss zum Abriss der Fabrik, 2001/2002 folgte die Umsetzung. Auf der Industriebrache entstand der "Zuckerpark", ein karger Platz mit einigen "Bäumen des Jahres". Wegen Vandalismus und Mangels Pflege war der Park im Juni 2021 teilweise in einem beklagenswerten Zustand.

Die Geschichte: 1864 begann der Aufbau der Zuckerfabrik Wiersdorff, Hecker & Co. in Gröningen. Zunächst stand sie in Konkurrenz zu einer kleinen, bereits 1848 erbauten Zuckerfabrik im Kloster Gröningen, die allerdings 1876 einging. Im Jahre 1879 bekam die Fabrik die 4,6 Kilometer lange normalspurige Anschlussbahn Nienhagen–Gröningen zum Transport der benötigten Rohstoffe einerseits und der Produkte andererseits. Dafür waren eigene Lokomotiven im Einsatz. Die Anschlussbahn wurde ab 1897 Teil der neu erbauten Bahnstrecke Aschersleben–Nienhagen, wobei die Zuckerfabrik zunächst weiter Herrin ihrer Bahnstrecke blieb und diese an die Aschersleben-Schneidlingen-Nienhagener Eisenbahn AG verpachtete.

Die Zuckerfabrik besaß zehn Quadratkilometer eigene Anbauflächen. Um die Rüben besser transportieren zu können, errichtete man bis 1896 eine werkseigene Feldbahn in Richtung Dalldorf. Ab 1864 stellte man Zucker her, ab 1900 auch Zuckergranulat. 1910 wurden am Tag bis zu 900 Tonnen Zuckerrüben verarbeitet. 1912 waren gemahlene Raffinade und Würfelzucker im Programm. Die Fabrik war der grö&zlig;te Betrieb der Stadt Gröningen.

1946 kam das Aus für den Privatbetrieb. Die Sowjetunion nahm die technische Ausrüstung der Fabrik als Reparationsleistung für Raubbau und Greuel mit, die NS-Deutschland angerichtet hatte. In der Sowjetzone hegten die Deutschen gleichwohl Pläne, alles größer und schöner wieder aufzubauen. Doch dazu kam es nicht. Stattdessen musste man sich in Bescheidenheit und Pragmatismus üben. Kleinere Unternehmen nutzen die vorhandenen Gebäude und Anlagen. Diese Firmen wurden nach dem Ende der DDR zwischen 1989 und 1992 abgewickelt und geschlossen. Da sich keine Nachnutzer fanden, verfielen die Gebäude. Der Verfall endete mit dem Abriss zwischen Juni 2001 und Mai 2002.

Erhalten geblieben und restauriert ist die Villa des Zuckerfabrikanten Friedrich Karl Hecker, der die Zuckerfabrik mit dem Gutsbesitzer Andreas Wiersdorff betrieb.

Großwaage für Lkw

Lkw-Waage, Foto: Martin Schramme, 2021 Lkw-Waage, Foto: Martin Schramme, 2021 Lkw-Waage, Foto: Martin Schramme, 2021

Von diesem Häuschen aus wurden zu DDR-Zeiten Lkw gewogen. Diese Straßenfahrzeugwaage Baujahr 1971 kam vom VEB Kombinat Nagema Betrieb Großwaagen Berlin-Weißensee.

Betriebsteil Gröningen des Armaturenwerks Hötensleben

AWH Armaturen Groeningen, Foto: Martin Schramme, 2021 AWH Armaturen Groeningen, Foto: Martin Schramme, 2021

AWH ist die Abkürzung für Armaturenfabrik oder Armaturenwerk Hötensleben, gegründet 1859. Das AWH hatte einen Betriebsteil in Gröningen. Anfang 1962 übernahm das AWH die Bauten des ehemaligen Plattenwerkes in Gröningen und schuf so dringend benötigte Produktionskapazitäten. Bis zum Betriebsende 1992 stellte man am Ort Armaturen, Flansche, Absperrklappen, Gelenke, Ansaugventile, Mischbatterien, Verschlusskappen, Schotthähne, Füllventile, Auslaufhähne und Rosetten her. Im Zuge der Verpflichtung aller sozialistischen Betriebe, "Alles zum Wohle des Volkes" zu tun, gehörten auch Konsumgüter wie Serviettenringe und der Rollfix-Handwagen zur Produktpalette.

Bockwindmühle Baujahr 1894

Bockwindmuehle von Groeningen, Foto: Martin Schramme, 2021 Bockwindmuehle von Groeningen, Foto: Martin Schramme, 2021

Mehl für ie Bürger von Gröningen kam dereinst von der Bockwindmühle der Fammilie Ponto. 1894 errichteten sie die Mühle. Die Müllerei lief bis in die 1920er Jahre, dann lohnte sich der Betrieb nicht mehr. Längst gab es landauf landab maschinengetriebene Großmühlen, die erheblich großere Mengen Mehl produzieren und viel niedrigere Preise anbieten konnten. Der abgebildete Mahlstein erinnert im Zuckerpark von Grönigen an besagte Mühle.

Wirtschaft in Gröningen vor 1945
Zuckerfabrik Wiersdorff, Hecker & Co (seit 1864, Demontage 1946 als Reparationsleistung an die Sowjetunion)

Betriebe in der DDR
VEB Akkumulatorenbau Gröningen
VEB Faserplattenwerk Gröningen
LPG Gröningen (Kreis Oschersleben)

Eintrag im Brockhaus-Lexikon von 1894
Post, Telegraph, Papier- und Zuckerfabrik.

Quellen
albert-gieseler.de
Ortschronisten aus Gröningen wie Ralf Staufenbiel
picclick.de