Kaffeefabriken

Artefakte - Denkmale deutscher Geschichte
Fotos: Martin Schramme | Keine Verwendung der Bilder ohne Nachfrage!
letzte Änderung am 16.09.2023

Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert in Deutschland waren auch die Kaffeefabriken auf dem Vormarsch. Gewaltige Gebäudekomplexe entstanden landauf und landab und blieben in Mitteldeutschland vielfach bis Mitte der 1990er Jahre in Betrieb. Nach der Ende der DDR 1989/90 konnte sich nur wenige Kaffeehersteller halten, darunter Röstfein in Magdeburg (Sachsen-Anhalt).

Kaffeerösterei "Drei Streif"

Kaffeehersteller Drei Streif, Foto: Martin Schramme, 2012 Kaffeehersteller Drei Streif, Foto: Martin Schramme, 2012 Kaffeehersteller Drei Streif, Foto: Martin Schramme, 2012 Kaffeehersteller Drei Streif, Foto: Martin Schramme, 2012

Einst hatte Nordhausen etliche Kaffeehersteller: die Müller & Vieth Kaffee-Großrösterei, die Kaffeerösterei Roland, Krause & Co. (Echter Dr. Lutzescher Gesundheits-Kaffee), Lehmann jr. Kaffeegroßrösterei, Drei Streif Kaffeerösterei, Peter Opitz & Co. Kaffee-Gross-Rösterei, Nordhäuser Gesundheitskaffee-Fabrik Arthur Sommer & Co. AG und Hermann Brunner Kaffeegroßrösterei. Zu DDR-Zeiten gab es sieben Kaffeehersteller, in Nordhausen noch einen. Der Nordhäuser Betrieb hieß VEB Drei Streif Nordhausen und war nach der Verstaatlichung aus der Firma Krause hervorgegangen. Der Kaufmann Johann Heinrich Christian Krause hatte 1835 in Nordhausen eine Zichorienfabrik gegründet und war mit dieser Mitte des 19. Jahrhunderts in eine ehemalige Mühle an der Salza umgezogen. Aus den Wurzeln der Zichorie kann ein Ersatzkaffee, auch Muckefuck oder Malzkaffee genannt, hergestellt werden. Das Ende der DDR überstanden nur zwei unternehmen: Röstfein und Drei Streif. Die Drei Streif Kaffeerösterei GmbH stellte ihren Betrieb im Jahr 2000 ein, womit die Geschichte der Kaffeeproduktion in Nordhausen vorerst beendet war. Vorangegangen war ein Rechtsstreit mit Kaffeehersteller Röstfein in Magdeburg. Anfang 1999 hatten die Magdeburger gegen den Gebrauch des alten DDR-Kaffeemarkennamens "Mona" geklagt. Mona war der teuerste Kaffee in der DDR, aber auch von bester Qualität. Produziert wurde er damals in Magdeburg, Nordhausen und Radebeul. Röstfein hatte den Name bei der Venag in Halle gekauft, Drei Streiff bei einem Geschäftsmann aus NRW. Im Jahr 2010 wagte sich das Museum Tabakspeicher Nordhausen (Bäckerstraße 20) wieder an die Rösterei. Bereits vier Jahre zuvor, also im Jahre 2006, hat die Lecobo Kaffeerösterei in Erfurt damit begonnen, einen "Nordhausen Kaffee" herzustellen. Die Immobilie wurde im Herbst 2008 durch die Stadt Nordhausen während einer Zwangsversteigerung erworben. Unmittelbar darauf hieß es, die Stadt wolle sich um die Entwicklung eines Gewerbegebietes kümmern. Bis zum Jahr 2014 hielt der Verfall des Objekts, das von der Salza unterflossen wird, weiter an. Dann schrieb die Thüringer Allgemeine, dass die Stadt Nordhausen mit IFA-Gewerbepark erweitern und die alte Rösterei mit Fördermitteln abreißen will. Die Planungen erstreckten sich bis in das Jahr 2016. Die Gesamtkosten des Vorhabens wurden auf drei Millionen Euro beziffert.

Kaffeefabrik Röstfein in Magdeburg (gegr. 1908, Kathreiners Malzkaffee-Fabriken)

Foto: Martin Schramme, 2013

Malzkaffee nach dem Pfarrer Sebastian Kneipp zu fertigen, war 1908 die Gründungsidee von Röstfein (Name erst seit den 1950er Jahren). 1912 begann die industrielle Massenherstellung des Malzkaffees, der mit den Jahren vom Volksgetränk Nummer Eins in Deutschland wurde. Für den Malzkaffee wurde statt der Kaffeebohnen aus den Kolonien in Afrika und Amerika gemäzte Gerste verwendet. Erstmals stärker gefragt war Malzkaffee bereits ab 1806, weil der Bohnenkaffee durch die Kontinentalsperre Napoleons zum seltenen und teuren Luxusgut geworden war. Zuvor hatte bereits das von König Friedrich dem Großen für sein Volk verhängte Bohnenkaffee-Verbot zur Suche nach kaffeeähnlichen Getränken geführt. Zichorienfabriken entstanden, in denen "Kaffee" aus der Wurzel der Gemeinen Wegwarte gewonnen wurde.

Kaffeemittelfabrik Heinrich Franck Söhne (Kaffee-Zu-und Ersatzfabrik, Raffineriestraße 28a)

Die baulichen Reste des halleschen Ablegers des Kaffeemittel-Imperiums Heinrich Franck Söhne war 2017 der Handwerkerhof Halle. Das Objekt verfällt seit Jahrzehnten. Rückblende: Heinrich Franck ließ sich 1822 in Vaihingen als Kolonialwarenhändler und Zuckerbäcker nieder und begann nebenbei mit Versuchen zur Herstellung von Zichorienkaffee. Sechs Jahre später startete er die industrielle Herstellung von Kaffee-Ersatz. 1868 zog das bereits immens gewachsene Unternehmen wegen der Eisenbahnanbindung nach Ludwigsburg und breitete sich mit seinen Cichorien-Kaffee-Fabriken und deren Fabrikaten von dort in alle Welt aus, unter anderem nach Linz (Österreich-Ungarn), Zagreb (Kroatien), Bukarest (Rumänien), Mailand (Italien) und Flushing (USA). Die Firma Franck kaufte schließlich etliche andere Hersteller auf, darunter die Firma "Bethge & Jordan, Magdeburg" und wurde von der GmbH zur Aktiengesellschaft (AG). Zu den Fabrikaten gehörten unter anderem der Aecht Franck-Caffee, der homöopathische Gesundheits-Caffee nach Dr. Katsch, und Mühlen-Franck, die Kaffee-Würze. Das Unternehmen warb schließlich mit 15 Fabriken und 38 Medaillen und schrieb: "Aecht Franck in Kistchen und Packeten erfunden von Heinrich Franck Söhne Ludwigsburg ist durch seine unerreichte Ausgiebigkeit an Farbe, Kraft und Aroma der billigsten und vortheilhafteste Caffee-Zusatz. Nur seiner Qualität wegen wird er so allgemein in ganz Europa und anderen Welttheilen verwendet. Gar vielfachen Nachbildungen unterliegen unsere Packungen und bitten wir darum beim Einkauf genau auf unsere Schutzmaarke und Unterschrift zu achten." Laut Hersteller lebte es sich mit Kornfranck gut. Er war demnach gesund wie das tägliche Brot und ein Paket mit Vorrat für 100 Tassen kostete 25 Pfennige. In der NS-Zeit war das Werk der Heinrich Franck Söhne (Kaffee-Zu-und Ersatzfabrik) in Halle an der Saale ein staatlich anerkannter Musterbetrieb dess Deutschen Reiches. Dem judenfeindlichen Regime schien des Unternehmen als Vorbild geeignet, dabei hatte 1869 noch Juden für die Vorzüglichkeit der Ware geworben und deren Bezug ihren Bluts- und Glaubensbrüdern ausdrücklich empfohlen. Ab 1944 fusioniert Franck zur "Franck und Kathreiner GmbH" mit Sitz in Wien. 1954 brachte Franck das neue Kaffeemittel "Caro" auf den Markt. 1964 folgte die Reorganisation unter dem Namen Unifranck. Nestle kaufte das Unternehmen dann 1971.

Geschichte der Kaffeemittel-Marke von 1828 bis heute

Kaffeerösterei "Hensel & Haenert" (Colonialwaren | Teilabriss im April 2013)

Foto: Martin Schramme Container der Deutschen Reichsbahn mit der Aufschrift
"Binnenverkehr"
Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme Foto: Martin Schramme

Das "Hensel & Haenert"-Kolonial-Großhandelshaus in Halle Saale entstand 1848 aus der 1820 gegründeten Seilerei Gottlieb Friedrich Hensel und mit dem Eintritt von Schwiegersohn Ferdinand Theodor Haenert. Der Grundstein für die Kaffeerösterei wurde 1890 gelegt. Hensel & Haenert bauten den Kaffeegroßhandel aus und importierten Usambara-Kaffee aus den deutschen Kolonien. Das Usambara-Gebirge befindet sich im Nordosten Tansanias. mehr

April 2013: Teile des Gebäudeensembles werden abgerissen. Der Eigentümer hatte den Komplettabriss beantragt, kam damit aber nicht durch.

Zichorienturm des Kaufmanns Pieschel auf dem ehemaligen Gutshof der von Plothos

Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2014

Der Zichorienturm des Kaufmanns Pieschel ist das älteste Industriedenkmal in Genthin. Die Zichorie (blaublühende Wegwarte) wurde als Heilmittel und Kaffee-Ersatz (Muckefuck) verwendet. Pieschel markiert den Anfang der Industrialisierung in Genthin. 1808 baute er in Altenplathow eine Fabrik und ließ einen Gutspark anlegen.

Der Zichorienturm befindet sich auf dem ehemaligen Gutshof der von Plothos. Die Plothos waren ein Adelsgeschlecht mit Besitzungen in Mitteldeutschland (darunter Genthin), in Flandern, Ostpreußen, Bayern und Schlesien. Von ihren Gütern ist an der Fabrikstraße bis heute ein alter Hof mit einem auffälligen, dicken Turm erhalten. Der Turm steht unter Denkmalschutz.

Kaffeefabriken in Deutschland vor 1945
August und Heinrich Goldstein Bielefeld (Malzkaffe-, Back- und Puddingpulver-Fabrik)
Bommers & Schuchart Erste Iserlohner Dampf-Kaffee-Rösterei und Waschpulver-Fabrik, Iserlohn
F. F. Resag GmbH Kaffee-Ersatz-Fabrik Berlin
Gebrüder Jürgens Kaffee-Groß-Rösterei, Kaffee-Reinigungs- und Verlese-Anstalt, Braunschweig
Gebrüder Massmann Herford (Malz- und Korn-Kaffee-Fabrik "Herfordia", Kaffee-Gross-Rösterei)
Heinrich Franck Söhne GmbH Berlin
Ludwig Otto Bleibtreu Erste und älteste Kaffeesurrogatfabrik Deutschlands, Braunschweig (gegr. 1781)
Quieta-Werke GmbH Leipzig (Quieta-Kaffee-Ersatzmischungen, Quieta-Malzkaffee, Diäta-Kaffee, Suleika-Tee)

weitere Kaffeefabriken

Quellen
picclick.de